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Threat Modeling: Best Practices für Entwickler

  • Autorenbild: Johannes Humbert
    Johannes Humbert
  • 7. Okt.
  • 7 Min. Lesezeit

Threat Modeling ist ein zentraler Prozess, um Sicherheitsrisiken in Softwaresystemen frühzeitig zu erkennen und zu minimieren. Es hilft Entwicklern, Schwachstellen zu analysieren, Bedrohungen zu bewerten und Schutzmaßnahmen zu entwickeln. Besonders in Deutschland spielt es eine wichtige Rolle, da es Unternehmen dabei unterstützt, Datenschutz-Anforderungen wie die DSGVO zu erfüllen und Sicherheitsstandards in regulierten Branchen einzuhalten.


Wesentliche Punkte:

  • Warum wichtig? Frühzeitige Erkennung von Sicherheitslücken spart Kosten und stärkt das Vertrauen in Softwareprodukte.

  • Schritte im Prozess: Systemanalyse, Bedrohungsidentifikation (z. B. STRIDE-Modell), Risikobewertung (z. B. DREAD-Modell), Integration in agile Entwicklungsprozesse.

  • Frameworks: STRIDE (allgemeine Bedrohungen), LINDDUN (Datenschutz), PASTA (geschäftsorientierte Risiken).

  • Fehler vermeiden: Regelmäßige Updates des Threat Models sind essenziell, da sich Systeme und Bedrohungen stetig weiterentwickeln.


Fazit:

Threat Modeling sollte ein fester Bestandteil jedes Entwicklungsprozesses sein. Es erhöht die Sicherheit, optimiert Ressourceneinsatz und erfüllt regulatorische Anforderungen. Tools und Frameworks können unterstützen, doch der Fokus liegt auf der Expertise und Zusammenarbeit im Team.


Wichtige Schritte im Threat Modeling-Prozess

Ein gründliches Threat Modeling hilft dabei, Sicherheitslücken frühzeitig zu erkennen und zu schließen. Der Prozess besteht aus vier zentralen Phasen, die zusammen ein umfassendes Bild der Sicherheitslage eines Systems schaffen. Hier sind die Schritte im Detail:


System und Grenzen verstehen

Der erste Schritt ist, die Systemarchitektur im Detail zu analysieren und die sogenannten Vertrauensgrenzen zu definieren. Dabei geht es darum, jede Komponente des Systems zu identifizieren, sensible Datenflüsse zu erkennen und Übergänge zwischen Bereichen mit unterschiedlichen Sicherheitsniveaus festzulegen.

Vertrauensgrenzen sind besonders wichtig: Sie markieren Übergänge, an denen Sicherheitsrisiken entstehen können. Zum Beispiel stellt der Übergang von einer öffentlichen Webanwendung zu einer internen Datenbank oft einen Angriffspunkt dar. Solche Bereiche müssen besonders genau untersucht und abgesichert werden.


Potenzielle Bedrohungen identifizieren

Nach der Analyse des Systems folgt die Identifikation möglicher Bedrohungen. Hierbei hilft das STRIDE-Modell, das sechs Bedrohungskategorien umfasst:

  • Spoofing: Identitätsfälschung

  • Tampering: Manipulation von Daten

  • Repudiation: Abstreiten von Aktionen

  • Information Disclosure: Unbefugter Zugriff auf Daten

  • Denial of Service: Lahmlegen von Systemen

  • Elevation of Privilege: Erlangung höherer Zugriffsrechte

Für jede Komponente und jeden Datenfluss des Systems wird systematisch geprüft, welche dieser Kategorien zutreffen könnten. So entstehen spezifische Bedrohungsszenarien, die später bewertet und priorisiert werden.


Risiken bewerten und priorisieren

Die identifizierten Bedrohungen werden anhand des DREAD-Modells bewertet, das fünf Kriterien berücksichtigt:

  • Damage Potential: Wie groß ist der mögliche Schaden?

  • Reproducibility: Wie leicht lässt sich der Angriff wiederholen?

  • Exploitability: Wie aufwendig ist die Ausführung des Angriffs?

  • Affected Users: Wie viele Nutzer sind betroffen?

  • Discoverability: Wie einfach ist es, die Schwachstelle zu finden?

Jedes Kriterium wird auf einer Skala von 1 bis 10 bewertet. Der Durchschnitt dieser Werte ergibt die Priorität der Bedrohung. Bedrohungen mit hohen DREAD-Werten sollten zuerst angegangen werden.


Integration in Agile und DevOps

Um Threat Modeling in agile Entwicklungsprozesse einzubinden, ist eine kontinuierliche und iterative Herangehensweise entscheidend. Es sollte nicht nur einmal zu Beginn eines Projekts durchgeführt werden, sondern fortlaufend in den Entwicklungsprozess integriert sein.

Durch den Einsatz von automatisierten Tools in CI/CD-Pipelines können Sicherheitsrisiken regelmäßig überprüft werden. Zudem sollten Sicherheitsanforderungen in jeder User Story berücksichtigt werden. Ein Feature gilt erst dann als „fertig“, wenn es auch den definierten Sicherheitskriterien entspricht.

Dieser Ansatz macht Sicherheit zu einem festen Bestandteil der Entwicklung und verhindert, dass sie erst nachträglich berücksichtigt wird. So bleibt der Schutz des Systems immer im Fokus.


Best Practices für Threat Modeling

Um Threat Modeling effektiv in den Softwareentwicklungsprozess zu integrieren, sollte es von Anfang an, also bereits in der Entwurfsphase, berücksichtigt werden. Wichtig ist, dass dieser Prozess nicht einmalig bleibt, sondern kontinuierlich während des gesamten Entwicklungszyklus überprüft und angepasst wird. So können Änderungen in der Systemarchitektur oder neue Risiken frühzeitig erkannt und adressiert werden. Diese Herangehensweise sorgt für einen reibungslosen und sicheren Entwicklungsprozess.


Häufige Fehler beim Threat Modeling und deren Behebung

Selbst erfahrene Teams machen beim Threat Modeling Fehler, die den gesamten Sicherheitsprozess beeinträchtigen können. Um langfristig eine effektive Sicherheitsstrategie zu gewährleisten, ist es wichtig, diese typischen Stolpersteine zu kennen und zu vermeiden. Ein besonders oft übersehener Aspekt ist die Notwendigkeit, das Threat Model regelmäßig zu aktualisieren.


Fehlende regelmäßige Updates

Einer der gravierendsten Fehler ist es, Threat Models als einmalige Aufgabe zu betrachten. Häufig erstellen Teams zu Beginn eines Projekts ein detailliertes Bedrohungsmodell, vergessen jedoch, es während der weiteren Entwicklung anzupassen. Dadurch wird das Modell schnell veraltet, und neue Sicherheitsrisiken bleiben unentdeckt.

Software entwickelt sich ständig weiter – Funktionen, Architekturen und auch Bedrohungen ändern sich. Ein nicht aktualisiertes Threat Model kann somit mehr schaden als nutzen, da es ein falsches Sicherheitsgefühl vermittelt.

Die Lösung? Integriere Threat Modeling in jeden Entwicklungszyklus, wie es beispielsweise in agilen Prozessen üblich ist. Dokumentiere alle Änderungen im System und analysiere proaktiv, welche davon eine Überarbeitung des Bedrohungsmodells erforderlich machen. So kannst Du Sicherheitslücken erkennen und beheben, bevor sie zum Problem werden.


Vergleich von Threat Modeling-Methoden und Risiko-Frameworks

Die Wahl des richtigen Frameworks kann entscheidend sein, um Sicherheitsprozesse effektiv zu gestalten. Diese Frameworks bauen auf den grundlegenden Prinzipien des Threat Modeling auf und ermöglichen es, Risiken gezielt zu bewerten. Hier werfen wir einen Blick auf STRIDE, LINDDUN und PASTA und vergleichen ihre Stärken und Einsatzbereiche.

STRIDE eignet sich besonders gut für Teams, die gerade erst mit Threat Modeling beginnen. Das Framework konzentriert sich auf sechs Kategorien von Bedrohungen und ist leicht verständlich. Mit Data Flow Diagrams lässt sich STRIDE problemlos in agile Entwicklungsprozesse integrieren, was eine kontinuierliche Verbesserung der Sicherheitsmaßnahmen unterstützt.

Wenn es um den Schutz personenbezogener Daten geht, ist LINDDUN eine ausgezeichnete Wahl. Dieses Framework wurde speziell für Datenschutz-Risiken entwickelt und deckt Aspekte wie Linkability, Identifiability und Non-Compliance ab. Gerade in Deutschland, wo Datenschutz eine zentrale Rolle spielt, ist LINDDUN ein wertvolles Werkzeug, um Compliance-Anforderungen zu erfüllen. Allerdings erfordert es oft die Zusammenarbeit mit Rechts- und Compliance-Teams, da die Komplexität moderat ist.

PASTA richtet sich an erfahrene Sicherheitsteams in größeren Organisationen. Es verbindet technische Bedrohungen mit geschäftlichen Risiken und verlangt eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen. Die höhere Komplexität zahlt sich aus, wenn detaillierte Risikobewertungen und strukturierte Analysen benötigt werden, die sich an den Zielen des Unternehmens orientieren.

In der Praxis werden diese Frameworks oft kombiniert. Ein gängiger Ansatz ist, mit STRIDE für allgemeine Bedrohungen zu starten, LINDDUN für Datenschutzfragen hinzuzufügen und später PASTA einzusetzen, um geschäftsorientierte Risiken detailliert zu analysieren.


Framework-Vergleichstabelle

Kriterium

STRIDE

LINDDUN

PASTA

Hauptfokus

Sicherheitsbedrohungen für Systeme

Datenschutz-Risiken

Geschäftsrisiken mit technischen Szenarien

Bedrohungskategorien

6 Kategorien (z. B. Spoofing, Tampering)

7 Kategorien (z. B. Linkability)

Szenarien basierend auf Angreiferzielen

Komplexitätslevel

Niedrig

Mittel

Hoch

System-Modellierung

Data Flow Diagrams

Data Flow Diagrams

Vollständige Architektur-Analyse

Idealer Anwendungsfall

Allgemeine Sicherheitsanalysen

Datenschutz-Compliance

Geschäftsorientiertes Risikomanagement

Zusammenarbeitsbedarf

Gering

Mittel (Rechts- und Compliance-Teams)

Hoch (Technik und Geschäftsbereiche)

Output-Format

Bedrohungslisten mit Lösungen

Datenschutz-Bedrohungsregister

Risiko-Scores und Maßnahmenpläne

Lernkurve

Niedrig

Mittel

Hoch

Wartungsaufwand

Niedrig bis mittel

Mittel

Hoch

Die Wahl des Frameworks hängt von der Größe und Komplexität der Organisation, den branchenspezifischen Anforderungen und den individuellen Projektzielen ab. Ein klar strukturiertes Systemdiagramm ist der erste Schritt, um jedes dieser Frameworks effektiv einzusetzen. Funktionsübergreifende Workshops mit Sicherheitsexperten, Entwicklern, Architekten und anderen Stakeholdern können den Prozess zusätzlich unterstützen.


Zusammenfassung und wichtige Erkenntnisse

Threat Modeling ist keine einmalige Aufgabe, sondern ein fortlaufender Prozess, der tief in moderne Entwicklungszyklen integriert sein sollte. Drei zentrale Aspekte bestimmen den Erfolg: frühzeitige Integration, Zusammenarbeit über Teams hinweg und regelmäßige Anpassungen.

Wichtig ist, Threat Modeling nicht als zusätzliche Belastung zu sehen, sondern als natürlichen Bestandteil des Entwicklungsprozesses. Teams, die frühzeitig Systemgrenzen und mögliche Bedrohungen analysieren, sparen langfristig Zeit und Aufwand. Fehler, die früh erkannt werden, sind deutlich günstiger zu beheben als solche, die erst später auffallen. Diese Herangehensweise erleichtert auch die Auswahl geeigneter Methoden und Frameworks.

Die Wahl des richtigen Frameworks hängt von den spezifischen Anforderungen des Projekts ab. Häufig kombinieren Teams mehrere Ansätze, um den unterschiedlichen Projektphasen und Anforderungen gerecht zu werden.

Regelmäßige Aktualisierungen sind unverzichtbar, um auf neue Bedrohungen reagieren zu können. Threat Models sollten sich mit der Systemarchitektur weiterentwickeln und bei jeder wesentlichen Änderung überprüft werden. Ebenso entscheidend ist die Einbindung aller relevanten Beteiligten – von Entwicklern über Sicherheitsexperten bis hin zu Compliance-Teams.


Abschließende Empfehlungen

Auf Basis dieser Erkenntnisse: Beginnen Sie mit kleinen Schritten, dokumentieren Sie Ihre Ergebnisse sorgfältig, investieren Sie in Schulungen und setzen Sie unterstützende Tools gezielt ein. So wird Threat Modeling zu einem festen Bestandteil Ihres Entwicklungsprozesses.

Tools können hilfreich sein, doch die besten Ergebnisse entstehen durch menschliche Analyse und kreatives Nachdenken über potenzielle Angriffswege. Automatisierung kann den Prozess zwar beschleunigen, ersetzt jedoch nicht die Expertise und das Fachwissen Ihres Teams.

Machen Sie Threat Modeling zu einem fixen Bestandteil Ihrer "Definition of Done". Neue Features sollten erst dann als abgeschlossen gelten, wenn ihre Sicherheitsaspekte gründlich analysiert und dokumentiert wurden. Diese Vorgehensweise fördert eine Sicherheitskultur, die weit über einzelne Projekte hinaus Bestand hat.


FAQs


Wie lässt sich Threat Modeling effektiv in agile Entwicklungsprozesse einbinden?

Um Threat Modeling erfolgreich in agile Entwicklungsprozesse einzubinden, sollte es als fortlaufender Bestandteil jedes Sprints betrachtet werden. Der erste Schritt besteht darin, Assets und mögliche Bedrohungen zu identifizieren. Darauf aufbauend lassen sich Gegenmaßnahmen planen und priorisieren, um Sicherheitslücken frühzeitig anzugehen.

Hilfreich sind dabei Werkzeuge wie Data Flow Diagrams, die Bedrohungsszenarien anschaulich darstellen und deren Integration in die agile Planung erleichtern. Regelmäßige Überprüfungen und Anpassungen stellen sicher, dass das Sicherheitsniveau auch bei sich verändernden Anforderungen stabil bleibt.


Welche Vorteile hat es, verschiedene Threat-Modeling-Frameworks wie STRIDE, LINDDUN und PASTA zu kombinieren?

Die Kombination von Frameworks wie STRIDE, LINDDUN und PASTA ermöglicht eine umfassendere Betrachtung von Sicherheitsrisiken. Jedes dieser Frameworks hat seinen eigenen Schwerpunkt: STRIDE adressiert technische Bedrohungen, LINDDUN legt den Fokus auf Datenschutzrisiken, und PASTA bietet eine strategische, risikobasierte Analyse.

Durch die Verknüpfung dieser Ansätze können Entwickler frühzeitig technische Schwachstellen, Datenschutzprobleme und strategische Risiken erkennen und gezielt angehen. Das trägt maßgeblich dazu bei, die Sicherheit und Stabilität eines Systems zu verbessern.


Welche typischen Fehler passieren Entwicklern beim Threat Modeling und wie lassen sie sich vermeiden?

Ein häufiger Stolperstein beim Threat Modeling ist die unzureichende Identifikation von Assets. Wenn nicht alle relevanten Werte erkannt werden, können entscheidende Bedrohungen unbemerkt bleiben. Ebenso legen viele Entwickler den Fokus zu stark auf Schwachstellen statt auf Bedrohungen. Das kann dazu führen, dass die Sicherheitsstrategie an Effektivität verliert. Ein weiteres Problem entsteht, wenn isoliert gearbeitet wird und wichtige Stakeholder außen vor bleiben.

Um diese Probleme zu vermeiden, ist es entscheidend, klare Ziele zu definieren, sämtliche relevanten Assets sorgfältig zu analysieren und eng mit verschiedenen Teams zusammenzuarbeiten. Außerdem sollte das Threat Model regelmäßig überarbeitet werden, um auf neue Bedrohungen und Systemänderungen reagieren zu können. Nur so entsteht eine Sicherheitsstrategie, die langfristig funktioniert und flexibel bleibt.


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